Mitgliedschaft im Schicht

 

Heute ist man Nachbar in einem Schicht, weil man in der Regel in diesem Gebiet wohnt. Wegen Umzugs oder aus anderen Gründen kann man seit einigen Jahren jedoch auch Mitglied eines Schichtes sein, in dem man nicht wohnt. Im Mittelalter wurde zwischen Erbnachbarn und Einwohnernachbarn (Mietern) unterschieden. Wer Hausbesitzer war und Erbnachbar werden wollte, mußte "winnen", d.h. das Nachbarschaftsrecht erst gewinnen, und zwar bis ins 18. Jahrhundert durch die Spende einer Tonne Bier (114,5 Liter) oder später durch Zahlung einer bestimmten Geldsumme an die Schichtkasse. Das Erbnachbarrecht galt für Mann und Frau sowie ihre Kinder lebenslang. Mieter gewannen das voll gültige Nachbarrecht jeweils durch Zahlung eines Betrags jährlich.

 

Schichtmeister

 

Ein Schicht wird von einem ersten Schichtmeister und einem zweiten Schichtmeister geleitet. Bis weit in die erste Hälfte dieses Jh. waren dies ausschließlich Männer, heute werden diese Funktionen zunehmend auch von Frauen wahrgenommen. In einigen Schichten werden Ehepaare mit der Funktion der Schichtmeister betraut - manchmal auch ein "Leitungs- team". Am Schichtabend (siehe dort) wird gegen Mitternacht jeweils eine neue zweite Schichtmeisterin oder ein neuer zweiter Schichtmeister bzw. ein Paar/Team gewählt. Die/der bisherige Schichtmeister/in wird dann erste(r) Schichtmeister/in bzw. das erste Schichtmeisterpaar für das kommende Jahr. In manchen Schichten beträgt die Wahlperiode 2 Jahre.

 

Schichtabend

 

ist die Zusammenkunft der Nachbarn eines Schichts - ursprünglich Mitte Januar, heute von Januar bis März eines Jahres. Diese Zusammenkunft wurde auch Jahresschichtversammlung genannt. Früher trafen sich die (männlichen) Nachbarn und die Nachbarinnen ge- trennt an verschiedenen Abenden, seit Jahren grundsätzlich gemeinsam. Ausnahme: Schicht 6 (das sogenannte Herrenschicht, das 1972 seinen 250. Schichtabend feiern konnte).

Zweck:

  • Rechenschaftslegung des Schichtmeisters über die geleistete Arbeit des vergangenen Jahres.

  • Fröhliches Beisammensein mit gemeinsamen Essen, Tanz und Pro- gramm; deshalb heute meist "Schichtfest" genannt. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Sitte auf, ein vollständiges Abendessen einzunehmen; Früher gab es Freibier und ein "Zubrot" von den neuen Erbnachbarn (siehe "Mitgliedschaft im Schicht").

Die Teilnahme an der Jahresschichtversammlung war im Mittelalter für alle Nachbarn Pflicht. Unbegründetes Fernbleiben wurde bestraft. Auf anständige Kleidung und ordentliches Verhalten in der Versammlung wurde streng geachtet. Jeder wurde ohne Rücksicht auf Rang und Würden nur mit "Nachbar" angeredet.

 

Schichthelfer

 
sind der Kreis von aktiven Nachbar/innen eines Schichtes, die die Schichtmeister in ihrer Arbeit unterstützen. Die Schichte haben in der Regel eine(n) Schriftführer/in und eine(n) Kassierer/in. Die Helfer treffen sich im Laufe eines Jahres regelmäßig, oft auch in offener Runde als "Stammtisch" für alle Nachbarn. In vielen Schichten treffen sich "Arbeitskreise" monatlich.
 

Schichtbuch

 
ist eine Art "Protokollbuch" eines Schichtes vor allen über die durchgeführten Schichtabende und wichtige Ereignisse im abgelaufenen Jahr. Heute wird es teilweise auch als "Lose-Blatt-Sammlung" geführt, und zwar in der Regel vom Schrift- führer oder Kassierer. Die ältesten vorhandenen Schichtbücher stammen aus dem Jahr 1715 (Schicht 8) und 1753 (Schicht 13). Die Bücher (Aufzeichnungen) von anderen "alten" Schichten (z.B. 6 und 9) reichen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück.
 

Das Oberschicht

 

Die beiden Schichtmeister sowie die/der Schriftführer/in und/oder Kassierer/in aller Schichte bilden das Oberschicht. Jedes Schicht ist durch drei Personen vertreten. Es wurde 1950 gegründet, und zwar auf Betreiben von Norbert Kaufhold, der der erste Oberschichtmeister wurde. 1981 wurde die Satzung des "Oberschichts der Schwerter Nachbarschaften" neu gefaßt und danach noch einmal überarbeitet. Die Oberschicht wählt einen Vorstand für einen Zeitraum von fünf Jahren. Ihm gehören an:

  • ein (e) Oberschichtmeister/in

  • ein (e) stellvertr. Oberschichtmeister/in

  • zwei Geschäftsführer

  • zwei Kassierer

  • fünf Beisitzer

  • Bürgermeister und Stadtdirektor sind geborene Mitglieder des Oberschichts

Neben dem Vorstand besteht ein "Ehren-Beirat" mit beratender Stimme. Dessen (bis zu fünf) Mitglieder werden vom Vorstand auf Lebenszeit berufen. Es sollen Nachbarn sein, die sich um das Nachbarschafts- und Heimatwesen der Stadt Schwerte besonders verdient gemacht haben. Aufgaben sind vor allem:

  • den Nachbarschafts- und Heimatgedanken und die Heimatkunde in der Stadt Schwerte pflegen und fördern

  • in der Denkmalpflege und bei der Erhaltung schützenswerter Häuser im Stadtgebiet sowie bei Straßenbenennungen mitwirken

  • die Belange aller Schichte vertreten und Nachbarschaftsauf- gaben der Schichte koordinieren

  • an dem Geschick der Stadt mitwirken (Bürgermeister Wengenroth 1957: Denn das sollte man nicht allein den gewählten Ratsvertretern oder dem Bürgermeister überlassen)

  • auf dem Gebiet der Städtepartnerschaft (Völkerverständigung) die Arbeit der Stadt unterstützen.

Oberster Grundsatz der Arbeit des Oberschicht-Vorstandes ist partei- politische und religiöse Neutralität. Bis 1962 fanden einmal jährlich zu Martini (11.11) Arbeitsitzungen des Oberschichts statt (einschließlich Essen). Seit 1962 wird die kommunalpolitische Mitwirkung getrennt vom fröhlichen November- Beisammensein beim Jahresfest mit Essen, Tanz und Programm durch- geführt. Grundsatz ist, das die Programmgestaltung von den Schichten übernommen wird. Zur "Frage- und Ausprachestunde des Rates und der Verwaltung der Stadt Schwerte" mit dem Vorstand des Oberschichts und gegebenenfalls einigen Schichtmeistern und Nachbarn werden vom Oberschicht Wünsche und Anregungen in kommunalpolitischen Angelegen- heiten vorgetragen und gemeinsam beraten.